Mars One

One-Way Ticket to Mars

23.06.2017


Der menschliche Forscherdrang hat eine neue Etappe, die es zu meistern gilt: die Besiedelung des Mars. Die niederländische Stiftung Mars One will dieses ehrgeizige Ziel bis 2026 erreichen und die ersten vier Freiwilligen auf den roten Planeten bringen. Und der 28-jährige Robert Schröder aus Darmstadt könnte mit an Bord sein. Ohne Rückflugticket! 

 

Schon als Kind hat Robert davon geträumt, ins All zu fliegen. Entsprechend groß war natürlich seine Begeisterung, als er von Mars One erfuhr. Die niederländische Stiftung wurde 2011 ins Leben gerufen, mit dem Plan, im Jahr 2026 die ersten vier Astronauten auf die sieben Monate dauernde Reise zu unserem Nachbarplaneten zu schicken. Für einen Platz an Bord konnte sich jeder bewerben, der bereit ist, dafür ein völlig neues Leben zu beginnen. Natürlich hat sich Robert beworben, neben 200.000 anderen. Als Physiklaborant und Student der Elektrotechnik liegt ihm das Forschen und Tüfteln im Blut. Und ins Unbekannte vorzustoßen, Neues zu entdecken und dabei auf Unvorhergesehenes immer die passende Antwort zu finden, das wäre für den jungen Mann die ultimative Herausforderung. 2015 erfuhr er, dass er unter den 100 letzten Kandidaten für die Mission sei, und der letzte Deutsche. Im September 2016 startete die dritte Runde, ein strenges Auswahlverfahren, nach dem am Ende 24 Kandidaten übrig bleiben. Hier wird laut Schröder in Wettkämpfen vor allem die Teamfähigkeit getestet, denn diese wird bei der Mission auf eine harte Probe gestellt. Dabei wird sich herausstellen, wer 100 %-ig bereit ist, auf dem Mars ein neues Leben zu beginnen. Denn ein Rückflug zur Erde ist bei Mars One nicht vorgesehen. Die amerikanische Raumfahrtbehörde NASA spricht seit 45 Jahren davon, innerhalb von 20 bis 30 Jahren Menschen auf den Mars zu bringen. Dass sie ihre eigenen Ankündigungen bisher nicht wahr gemacht hat, liegt auch daran, dass keiner weiß, wie sich die Astronauten nach erfolgreicher Mission sicher auf die Erde zurückholen lassen. Die Technik ist noch nicht weit genug. Genau deshalb will Mars One aufs Zurückholen verzichten. Was aber treibt einen jungen Mann an, für immer seinen Heimatplaneten zu verlassen? „Die Idee, auf dem Mars etwas mit einer Crew zu erreichen, das Bestand hat für immer, das wäre das Obergeilste“, schwärmt Schröder. Seine Eltern finden die Mars-Pläne ihres Sohnes „natürlich gar nicht gut“. Andererseits würden sie ihn und seine Sturheit jetzt lange genug kennen, um direkte Beeinflussungsversuche zu unterlassen, sagt Schröder. Eine Freundin, die ihn vielleicht von seinem Vorhaben abbringen könnte, hat Schröder zurzeit nicht.


Einmal zum Mars und nicht mehr zurück


Seine Begeisterung für die Mission teilt er mit dem Mann hinter Mars One, dem niederländischen Unternehmer und Ingenieur Bas Lansdorp. Dieser sagt, das Aufregendste, was derzeit auf der Erde passiere, seien leider Kriege und Wirtschaftskrisen. Und dass die Menschen dazu ein Gegengewicht bräuchten. Etwas Positives, für das sie sich begeistern könnten. Das sie inspiriere. Wer schließlich an der Mission teilnehme, werde ein Held für die ganze Welt, sagt Lansdorp. So wie einst Neil Armstrong und Buzz Aldrin, als sie im Juli 1969 auf Mondboden traten. Die nötige Finanzierung soll durch die Vermarktung der Fernsehrechte hereinkommen. So kann die ganze Welt daran teilhaben, wie das Leben auf dem Mars ist. Bereits vorher begleiten die Menschen an den Fernsehschirmen die Kandidaten durch das Auswahlverfahren bis zur endgültigen Auswahl der Teilnehmer. Für Schröder ist das kein Problem: „Die Menschheit hat das Anrecht, dabei zu sein, wie die Kandidaten diese Stationen durchlaufen. Später wählt ja quasi auch die Menschheit die erste Crew, die hochfliegen soll.“
 

Start in eine ungewisse Zukunft


Aber bevor es so weit ist, liegt noch eine zehnjährige Ausbildung vor den 24 potenziellen Marssiedlern. In Vierer-Crews werden die Kandidaten in allen Wissensgebieten geschult, die auf dieser Mission von Bedeutung sind, zum Beispiel Mechanik, Elektrotechnik, Botanik, Medizin oder auch Psychologie. Zweifel an der Durchführbarkeit der Mission hat der abenteuerlustige Darmstädter nicht. „Bevor die erste Crew zum Mars fliegt, müssen schon sechs andere unbemannte Raumschiffe die ganze Technik, die wir für die Kolonie benötigen, dorthin gebracht haben“, sagt Robert. „Es sind dieselben Raumschiffe, in denen auch wir fliegen, und sie müssen alle sicher gelandet sein.“ Und Mars One beziehe ganz klar die Technik von Unternehmen, die das schon seit Jahrzehnten machen. So sollen für den Flug zum Mars die Raketen des privaten Raumfahrtunternehmens SpaceX zum Einsatz kommen, die die Firma des US amerikanischen Unternehmers und Visionärs Elon Musk bereits zu einem bedeutenden Versorger der Internationalen Raumstation (ISS) gemacht haben.

 

Das Szenario hat Robert schon oft durchgespielt: Den Raketenstart, die Beschleunigung auf etwa 28.000 km/h und dann nach der Trennung von den Raketenstufen die kurze Reise im Dragon-Raumschiff zum „Mars Transit Vehicle“ (MTV), das in einer Erdumlaufbahn wartet. Dort verbindet eine Montage-Crew die Treibstofftanks samt Triebwerken mit dem MTV. Die Mars-Crew steigt ins MTV um, die Montage-Mannschaft aus, die Triebwerke werden gezündet – dann gibt es kein Zurück mehr. „Es muss immer Menschen geben, die bereit sind, ein höheres Risiko einzugehen“, sagt Robert Schröder. Als Kolumbus über den Atlantik gefahren sei, habe er auch nicht gewusst, was auf der anderen Seite sein würde. Schröder hat allerdings bereits eine Vorstellung von dem, was ihn auf dem Mars erwartet. Wenn alles klappt, wird er beim Erreichen seines Ziels 39 Jahre alt sein. Das wäre 2027 und Robert Schröder ist dann, so stellt er sich das jetzt vor, bestens ausgebildet, fit, ziemlich abgeklärt und auf jeden Fall kinderlos. Und er hat Großes vor: „Wir werden auf dem Mars viele neue Dinge schaffen. Vielleicht große Gewächshäuser mit kleinen Seen, in denen wir Fische züchten können“, schwärmt er. Er spricht über Lavatunnel auf dem Mars, die sich womöglich hermetisch abriegeln lassen, sodass man dort Freizeiteinrichtungen bauen könne, einen Badminton-Court zum Beispiel. Später sei es für ihn auch vorstellbar, auf dem Mars eine Familie zu gründen. Natürlich wird er vieles auf der Erde vermissen, seine Steaks zum Beispiel, auf die müsste er oben verzichten. Sie wollen Gemüse anbauen und allerhöchstens Insekten essen. Das werde nicht leicht. Darum möchte er die Zeit, die ihm auf der Erde bleibt, noch richtig auskosten. So will er mindestens noch in die Antarktis. Und Höhlentauchen ausprobieren. Ob ihm dafür bei den kommenden Etappen überhaupt die Zeit bleibt? Zu wünschen wäre es ihm.
 
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